Respekt

Neulich wollte ich einen Termin für DogTor Kalle bei unserer Tierärztin vereinbaren. Auf Ihrer Webseite habe ich etwas gelesen, was mich sehr berührt hat:

„Auch wir sind Menschen, haben Gefühle, mal einen schlechten Tag, Kummer oder Leid im Freundes- oder Familienkreis, machen Fehler, wie jeder andere Mensch auch!

Trotzdem kommen wir alle jeden Tag gerne zur Arbeit, um Ihr Tier fürsorglich zu betreuen und es dabei zu unterstützen schnell wieder gesund zu werden.

Leider müssen aber auch wir uns an gewissen Regeln und Gesetze halten, die ggf. unseren Handlungsspielraum einschränken: Arbeitszeitgesetze, Arzneimittelgesetze, die Verordnung über die tierärztliche Hausapotheke, die Datenschutzgrundverordnung… um nur einige zu nennen.

Und am Ende sind auch wir wieder „nur“ Menschen, die versuchen dies alles unter einen Hut zu bekommen. Damit wir weiterhin Spaß an unserer Arbeit haben können und gerne zu Arbeit kommen.

Deshalb wünschen wir uns Respekt im Umgang mit uns!“

In therapeutischen Kreisen –und da ist es egal ob es sich um Zwei- oder Vierbeiner handelt– spricht man nicht darüber, was der Job mit einem selber macht. Und mit Job sind nicht die 95% positiven Begegnungen gemeint.  Job bezeichnet die absurden Rahmenbedingungen der Freiberuflichkeit in einem kollabierenden Gesundheitssystem, im Fall der Heilpraktiker eine Gebührenordnung Stand 1985 (!), permanentes mediales Bashing und im persönlichen Kontakt die anderen 5%, die mit interessanten Ansprüchen kommen. Falls sie den selbstvereinbarten Termin überhaupt wahrnehmen, wegen der völlig überraschenden Ausfallrechnung meckern oder regelhaft nicht mitarbeiten und dann die TherapeutInnen für ihr Elend verantwortlich machen.

Die Konsequenz der Tierarztpraxis: zeitweise Aufnahmestopp und rigoroses Durchsetzen der Ausfallrechnung. Mir geht es ähnlich. In meiner Praxis gibt es zwar keinen Aufnahmestopp, dafür aber auch keine Akuttermine mehr für Neuaufnahmen. Kinder unterhalb des Schulalters nehme ich nur noch auf, wenn ich die Eltern kenne und wenn eine intensiverfahrene Kinderkrankenschwester als Assistenz dabei ist. Die online buchbaren Terminblöcke habe ich gekürzt.

Sich zu solchen Schritten durchzuringen, ist keine einfache Sache. Wir sind alle aus unterschiedlichen Motiven in diese Berufe gegangen, allen gemeinsam ist aber der Wunsch, Gesundheit zu fördern und Krankheit zu lindern. Dennoch werden wir alle mit einer Verrohung von Teilen der Gesellschaft konfrontiert, die das Arbeiten weniger freudvoll und mindestens formal anstrengender macht.

In meiner Praxis werden alle als Mensch behandelt und nicht zu Patienten gemacht. Das ist meine Art, Respekt zu erweisen. Und ich freue mich über alle Gäste, die verstanden haben, das Gesundwerdung ein vielschichtiger Prozess ist und nicht von außen hereingerenkt wird.